Shih-Tzu
Shih-Tzu
Es gibt viele Arten von Hunden in China. Wegen seiner Schönheit und Liebenswürdigkeit steht der Shih-Tzu an erster Stelle. Er ist allgemein bekannt als langhaariger, tibetischer Löwenhund. Durch langjährige Zucht wurde der "Lhasa-Löwenhund" zu einer speziellen Kleinhundrasse, dem Shih-Tzu.
Obwohl der Shih-Tzu seinen Namen und jetziges Aussehen dem alten China verdankt, weiß man, daß seine Vorfahren aus dem Tibet stammen und dort als "Heilige Hunde" lebten. Sie existierten schon, als Srong-Tsan Gamp dort im 7. Jahrhundert n. Chr. den Buddhismus einführte und die Geschichtsschreibung begann. Diese Glaubensform beinhaltet, daß Menschen, die in ihrem ersten Leben gefehlt haben, noch einmal in einer niedrigeren Lebensform, z.B. als Tier, wiedergeboren werden. Bei tibetischen Mönchen geschah das in Form eines heiligen Hundes, der in Tempeln gehalten wurde und in zahlreichen religiösen Riten Verwendung fand. Von Welpen glaubte man, daß diese "weise" geboren wurden. Die Hunde wurden so gezüchtet, daß sie einem Löwen glichen - dem heiligen Tier des Buddhismus - da Buddha einen kleinen Hund besaß, der sich auf Befehl in einen mächtigen Löwen verwandelte, auf dem Buddha reiten konnte.
Die tibetische Zivilisation entwickelte sich unter Ausweitung des von Indien kommenden Buddhismus, gleichzeitig wurden diverse Bräuche aus China übernommen. Als Tribut wurden wertvolle Geschenke an den chinesischen Kaiser gegeben; so befand sich unter den Geschenken ein sorgfältig ausgesuchtes Zuchtpaar von Löwenhunden. Dem Kaiser von China gefiel es sehr gut, daß diese kleinen Tiere ihm wie die Diener des Heiligen folgten, aber erst seit der Ch'ing (Manchu) Dynastie (1643 - 1912) kam der Tibetische Löwenhund in China in Mode. Bis 1908, als der Dalai Lama die letzte chinesische Kaiserin, Tzu-hsi, besuchte und ihr kurz vor ihrem Tod mehrere dieser Hunde überreichte, erhielten alle Monarchen der Ch'ing-Dynastie Löwenhunde.
Die Hochebene von Tibet ist bis zu 5300 m hoch, und die fröhlichen kleinen Hunde machten den ganzen Weg von Lhasa bis hinunter nach Peking, eine Entfernung von über 3500 km. Der Höhenunterschied beträgt etwa 5000 m. Zu überwinden war ein Weg über wildes, bergiges Land, schneebedeckt, mit reißenden Flüssen. Bei Tag herrscht ein schneidender Wind, nach Sonnenuntergang bittere Kälte. Das Tag/Nacht-Temperaturgefälle kann bis zu 35 Grad betragen. Die Reise dauerte zuweilen 10 Monate, und in dieser Zeit waren die Welpen erwachsen und hatten selbst Junge. Die Hündinnen warfen in selbstgegrabenen Löchern in einer Ecke des Zeltes. Solange die Welpen noch klein waren, wurden Sie in den weiten Gewändern (Shuba) von einem der Tibeter auf der Haut getragen, damit sie es warm hatten, und die Mutter säugte sie während der Ruhepausen. Ältere Welpen und Junghunde ritten in Körben auf den Rücken der Mulis oder rannten spielend und bellend neben ihnen her.
In Peking angekommen, wurden die Löwenhunde huldvoll dem Kaiser als Tribut überreicht und in den kaiserlichen Palast gebracht, wo sie der Obhut der Eunuchen, die dafür berühmt waren, besonders viel von der Hundezucht zu verstehen, übergeben wurden. Das Leben dort war sehr ruhig und vollkommen verschieden von dem, was die Tiere gewohnt waren; dies macht ihre unglaubliche Fähigkeit zur Anpassung deutlich, eine Eigenschaft, die sie auch heute noch besitzen. Hier wurden sie in kostbaren Pavillons mit Marmorböden gehalten. Täglich hatten sie Auslauf im Freien und wurden regelmäßig gebadet. Ebenso wurden ihnen verschiedene Kunststücke beigebracht. Im königlichen Zwinger gab es außer ihnen noch Möpse und Pekingesen, letztere wurden auch Chinesische Löwenhunde genannt. Die Eunuchen untereinander hatten einen Wettstreit, wer die schönsten Tiere für den Kaiser und seine Damen züchtete. Symbolische Farben und Abzeichen wurden hochbelohnt, und kein Tibetischer Löwenhund durfte mehr als etwa 5½ kg wiegen, wenn er bei Hof gefallen wollte. Eine der königlichen Regeln hieß: "Laßt den Löwenhund klein sein". Gold, die Kaiserliche Farbe Chinas, war überaus bevorzugt, obwohl auch andere, wohlgezeichnete Farbkombinationen gezüchtet wurden.
Eine weiße Blesse auf der Stirn, das "heilige Zeichen Buddhas", war bei den Mehrfarbigen hochgeschätzt, ebenso eine weiße Rutenspitze. Um die gewünschten löwenartigen Proportionen zu erhalten, kreuzten die erfahrenen Eunuchen manchmal den tibetischen mit dem chinesischen Löwenhund, dem Kaiserlichen Pekingesen, und so wurde der Shih-Tzu kürzer im Fang und auf den Beinen als der Lhasa Apso und eine liebenswerte Mischung des Charakters - mutig wie Löwen und zugleich treu und liebevoll, unabhängige und doch ergebene Begleiter, und dazu weise, wie sich das für "Inkarnationen" von menschlichen Wesen gehört! Es ist auch anzunehmen, daß der Malteser, der in China während der Tang-Dynastie (618 - 907 n. Chr.) vom byzantinischen Kaiserreich nach China kam, ein Vorfahre des Shih-Tzu ist.
Tzu-hsi, die letzte Kaiserin von China, die am Ende der Manchu Dynastie allein herrschte, war besonders an der Hundezucht interessiert und soll täglich einen Besuch im königlichen Zwinger abgestattet haben. Ihre Hofdame, Prinzessin Derling, berichtet, wie die Eunuchen ihr von den Hunden Kunststückchen vorführen ließen, was diese mit Begeisterung taten, und daß die Hunde der Kaiserin aufs Wort gehorchten. Der "Alte Buddha" hat die Hunde gewissenhaft inspiziert und Ratschläge für die Zucht gegeben.
Soweit bekannt, wurden keine Abstammungsnachweise geführt, aber besonders schöne Tiere wurden von Hofmalern auf Pergamentrollen verewigt, die für zukünftige Zuchtprogramme als Unterlagen dienten. Eine solche Rolle stellt einen mehrfarbigen Shih-Tzu dar mit dem Bildtext: "Aus dem Tibet und sehr selten; sein Charakter ist der eines menschlichen Wesens". Während der Regierungszeit der Kaiserin Tzu-hsi waren selten weniger als 100 Hunde im Palast. Nach dem Tod der Kaiserin Tzu-hsi 1908 verlor man das Interesse an einer konsequenten Hundezucht auf Typ. Die Zuchttiere wurden verteilt, aus dem Palast herausgeschmuggelt und von den Eunuchen an Chinesische Edelmänner verkauft oder als Geschenke an wichtige ausländische Besucher abgegeben.
Nach dieser Zeit gab es bis Ende der 30er Jahre viele Unklarheiten bzgl. des korrekten Aussehens und Namens dieser Hunde. Außerhalb des Palastes existierten in China derzeit verschiedene Typen, die vermischt und unter den verschiedensten Rassebezeichnungen bekannt waren.
1923 wurde der Chinesische Kennel Club Shanghai gegründet, aber erst 1930 wurden Hunde diesen Typs auf Ausstellungen gezeigt. Der Richter, ein A. de Sowerby, drang unaufhörlich darauf, daß diese Rasse in China einen eigenen Standard bekam, der den Typ und Rassekennzeichen bestimmen sollte. Dieser Standard wurde 1934 erarbeitet, aber nur wenige, der damals gezeigten Hunde, entsprachen diesem.
Leider wurden nach der Besetzung Chinas durch die Japaner im Jahr 1937 weitere Ausstellungen unmöglich, und als im Januar 1949 die Kommunisten in China an die Macht kamen, wurden alle Hunde getötet (weil sie nutzlose Fresser waren). Dies beendete die Geschichte der Shih-Tzu in China, und sie setzte sich in der westlichen Welt fort.
Der Shih-Tzu, wie wir ihn heute kennen, präsentiert sich als kleiner, kompakter Hund mit einem Gewicht zwischen 4,5 bis 8,1 kg. Er ist länger als hoch, geschlossen und stabil in der Gesamterscheinung, mit breiter, tiefer Brust, festen Schultern und geradem Rücken. Der Kopf ist breit und rund, mit gutem Abstand zwischen den Augen. Shih-Tzus aus englischen Linien, wie sie verstärkt während der letzten 10 Jahre eingeführt wurden, haben einen schwereren und größeren Kopf durch die Einkreuzung von Pekingesen in den 60er Jahren. Leider haben sie aber auch eine Tendenz zu übergroßen, etwas vorstehenden Augen, die häufig Weiß zeigen, ebenso haben sie gerne die gebogenen Unterarme mit ausgestellten Pfoten, wie sie Pekingesen haben.
Der skandinavische Typ ist allgemein etwas kleiner und eleganter und hat meist eine schwerere, glattere Haartextur, was die Pflege vereinfacht. Der Standard schreibt einen Vorbiß oder ein Zangengebiß vor; die Kinnpartie muß gut ausgeprägt sein. Die Haare auf dem Nasenrücken wachsen so, daß ein "chrysanthemartiger Eindruck" entsteht. Die Halslinie ist geschwungen und ausreichend lang, so daß der Kopf stolz getragen wird.
Die Läufe sind kurz, gut bemuskelt, mit kräftigen Knochen und so gerade als möglich. Durch die reiche Behaarung erscheinen sie stämmig. Die Rute weist einen starken Haarbusch auf und wird gut über dem Rücken getragen. Der höchste Punkt des Rutenbogens ist in etwa auf der gleichen Höhe wie der höchste Punkt des Schädels, um eine harmonische Silhouette zu geben. Die Bewegung ist fließend, die Vorderläufe greifen gut aus. Die Hinterhand gibt einen kräftigen Schub, so daß die Ballen vollständig sichtbar werden. Insgesamt ergibt sich ein Eindruck von Arroganz.
Das Haarkleid ist lang, dicht und nicht lockig. Leichte Wellen sind erlaubt, reichlich Unterwolle wird gewünscht. Das Schopfhaar wird hochgebunden. Alle Farben und Farbkombinationen sind erlaubt; bei mehrfarbigen Hunden wird eine weiße Stirnblesse und Rutenspitze sehr gewünscht. Die Fellpflege trägt einen wichtigen Teil zu der Gesamterscheinung des Shih-Tzu bei.
Selbstverständlich können bei "Privathunden" die Haare gekürzt werden. Der Shih-Tzu, der in Ausstellungskondition gehalten werden muß, macht seinem Besitzer jedoch einen erheblichen Pflegeaufwand. Tägliches, sorgfältiges Bürsten ist ein unbedingtes Muß, es ist jedoch darauf zu achten, daß nicht zuviel Unterwolle und Haar ausgebürstet werden. Es ist empfehlenswert, das Haar leicht zu ölen, damit es nicht bricht. Spaziergänge durch Wald und Gebüsch sind "out", sie würden das Haarkleid allzusehr strapazieren. Besondere Pflege braucht der Bart und die Gesichtsbehaarung, um Verfärbungen durch Nässe und Feuchtigkeit zu vermeiden. Das Haar soll möglichst Bogenlänge erreichen, entsprechend ist der Ausstellungs-Shih-Tzu zu halten. Die Pflegemittel-Industrie stellt uns hier eine fast nicht zu übersehende Vielfalt von Mitteln zur Auswahl, angefangen vom Shampoo, bis über Spülungen, Ölen und anderen "Wundermitteln". Stets wird von den Anwendern ein großes Geheimnis um diese Produkte gemacht, das man um keinen Preis weitergeben würde - die Konkurrenz ist hart.
Leider hat sich in den letzten Jahren noch eine andere Unart breitgemacht: Die des Wickelns. Hierbei werden die Haare des Hundes in einzelne Strähnen aufgeteilt, die jeweils in Papier eingewickelt und zu kleinen Päckchen aufgerollt werden, die ein kleiner Gummi zusammenhält. Es hat sicherlich seine Berechtigung, wenn einige Partien des Hundes, wie z.B. der Bart und das Schopfhaar auf diese Weise behandelt werden, es läßt dem Tier mehr Bewegungsfreiheit und erleichtert die Sauberhaltung ungemein. Das Wickeln des gesamten Hundes, zusammen mit den vorher erwähnten Haarpflegemitteln führt jedoch leider dazu, daß man bei fast jeder Haarqualität einen optischen guten Eindruck des frisch für die Ausstellung zurechtgemachten Hundes erreicht, die genetische Veranlagung für gute Haartextur und reiche Haarlänge und -fülle bleibt dabei jedoch auf der Strecke.
Es werden heute von "Pflege-Experten" Hunde in den Ring gestellt, die ihre Haare wie eine Schleppe hinter sich herziehen. Zum ersten geht dies an den Forderungen des Standards vorbei, zum zweiten ist der Hund kaum in der Lage, sich frei zu bewegen, und von dem geforderten fließenden Bewegungsablauf bleibt nichts mehr übrig. Ganz zu schweigen von der rassetypischen Arroganz - wie soll das Tier diesen Eindruck machen, wenn es beim Gehen mit seinen eigenen Haaren zu kämpfen hat. Hier sind die Ausstellungsrichter und gewissenhaften Züchter gefordert, diesen Unarten Einhalt zu bieten, sonst wird aus dem einst robusten, lebenslustigen, unverwüstlichen Shih-Tzu ein seelenloses Schauobjekt, das im Ring mechanisch seine 3 Runden dreht, Ausstellungsprädikate einsammelt und danach mit aufgewickelten Haaren auf seinen nächsten "Auftritt" wartet.
Französisch-Indien: P-7s, 50 Roupies