Raubtiere: Großkatzen
Obwohl das Leben täglich lehrt,
Daß nur bestehn kann, wer sich wehrt,
Sagt Ihr getrost, der Mensch ist gut,
Ihr hofft, daß er nicht wieder tut,
Was er - nur aus verwirrtem Wahn -
Seit Ur-Ur-Zeiten hat getan.
Mit Wut, die der Beschreibung spottet,
Gemordet den und ausgerottet,
Der ihm beim Fraß kam in die Quer,
Der andrer Meinung war als er,
Gebt Ihr nicht nach, nein, eisern glaubt Ihr,
Der Mensch sei harmlos und kein Raubtier,
Und ich will gern, als Mensch und Christ,
Annehmen, daß dem auch so ist.
Als erstes Raubtier unbedingt
Die Katze uns ins Auge springt.
Die Katze kommt als Leisetreter,
Die Krallen zeigt sie uns erst später.
Drum ist's - ex ungue - heißts, leonem -
Auch durchwegs ratsam, erst bei so 'nem
Untier zu schauen auf die Pfoten:
Die größte Vorsicht ist geboten!
Es lebt der Löwe noch zur Frist,
Er, der der Tiere König ist.
Hebt er die Stimme furchterregend,
Im Grimme seinen Schwanz bewegend,
Dann wirds - wies schon beschrieben Schiller -
Im weiten Umkreis still und stiller.
Der Löwe galt seit alter Zeit
Als Muster wilder Tapferkeit.
Dann wurde durch die neuen Foscher
Dergleichen Meinung morsch und morscher,
Denn die erklären frank und frei,
Daß er ein großer Feigling sei.
Trotzdem, wir wollen nicht vergessen,
Daß er schon manchen aufgefressen
Und tun drum gut dran, wie die Alten
Für höchst gefährlich ihn zu halten.
Bekannt ist wohl dem Leser lang
Die beste Art von Löwenfang:
Man gräbt ein Loch im Wüstensand,
Deckts zu mit Reisig und Verstand;
Der Tiere König geht aus Trotz
Und fällt ins Loch mit Plump und Plotz.
Drauf ziehn ihm ab das Fell die Neger,
Verkaufen es als Bettvorleger
An Leute, welche gern sich rühmen
Der Jagd nach solchen Ungetümen.
Im Berberlande, wie am Kap
Wird leider schon der Vorrat knapp.
In Persien wurde klein die Zahl,
Noch viele gibts im Senegal.
Recht milde Sorten wir erwarten,
Durch Züchtung jetzt im eignen Garten:
Der Löwe nämlich, der beweibt sich
Und pflanzt sich sogar fort in Leipzig,
Und mancher ist geborner Sachse,
Statt daß er in der Wüste wachse.
Zwar noch im Dunkeln tappen wir,
Seit wanns ihn gibt als Wappentier.
Im Schilde wird geführt der Leu
Von Löwenherz und Löwenbräu,
Von Löwenwirt nach altem Brauch
Und Löwenapotheke auch.
In Bayern gern der Löwe wohnt,
Hier hat der Schwarze ihn geschont.
Doch was bei uns herumläuft, preußlich,
Benimmt sich gegen ihn oft scheußlich,
Sodaß man Grund genug entdeckt,
Dafür, daß er die Zunge bleckt.
Der Tiger wird vier Meter lang.
Mit seinem leisen Katzengang
Ging er noch jüngst vom Amur-Fluß
Bis weither in den Kaukasus.
Wenn es dem Tiger wohl ist, schnurrt er,
Doch wenn er grantig wird, dann knurrt er.
Dann ist es - wenns nicht schon zu spät -,
Die höchste Zeit, daß einer geht!
Den Jaguar erkennt man schnell
An dem getüpfelt braunen Fell.
Von Mexico bis Paraguay
Ists sicher, daß es einer sei.
In Asien ists ein Verwandter,
Der (fast zwei Meter lange) Panther.
Und einen Leoparden sah,
Wer ihn erspäht in Afrika.
Soferne man im Zoo sie trifft,
Hält man sich an die Überschrift.
Weil sehr weit weg Amerika,
Und wir aus Zufall grade da,
Erwähnen wir hier gleich den Puma.
Ihn sahn zuerst bei Montezuma
Die Spanier in Mexico
Im kaiserlich aztek'schen Zoo.
Den Gepard auch ganz kurz ich nenn,
Sonst meint Ihr, daß ich ihn nicht kenn.
Man schätzt ihn wegen seiner Schnelle
Und jagt mit ihm auf die Gazelle.