Niedere Tiere
Niedere Tiere
Als Laien etwa hielten wir
Den Dackel für ein niedres Tier,
Wogegen beispielsweis der Hummer
Bei uns hätt eine hohe Nummer.
Doch sehn wir da, wie schauderhaft
Volksfremd die hohe Wissenschaft:
Die höchst zu schätzende Languste,
Die nette kleine Krabbe mußte
Es lassen sich von ihr gefallen
Mit Austern, Perlen und Korallen -,
Dem Schönsten, was es gibt auf Erden,
Zum niederen Tier gezählt zu werden.
Der Laie unterscheidet schwer,
Was Schnecke und was Muschel wär.
Nennt Muschel, was im Meere schwimmt,
Ganz ohne Rücksicht drauf, obs stimmt.
Was ein Gehäus hat, einen Topf,
Und draus hervorschaut mit dem Kopf,
Ist eine Schnecke, doch was doppelt,
Sich aus zwei Einzelschalen koppelt
Und drin nichts hat als ein Gefluschel,
Ein lappriges, ist eine Muschel.
Die Kaurimuschel nachzutragen,
Kann ich mir trotzdem nicht versagen.
In der gesamten Südsee-Welt
Galt sie vor kurzem noch als Geld;
Der Dollar brachte sie zum Wanken,
Verkracht sind alle Muschelbanken.
Die Forscher künden uns, wie voll
Von Wundern ist so ein Atoll,
Ein schier elysisches Gefilde
Voll märchenhaftester Gebilde.
Zuletzt in Gottes Tierprogramm
Kommt, unsrer Forschung nach, der Schwamm.
Der Badeschwamm, der bestbekannte,
Aus Syrien kommt und der Levante.
Wo schmutzig meist die Leute laufen,
Weil sie die Schwämme gleich verkaufen.
Ihr seid, ich hoffe, mit Genuß,
Mir treu gefolgt, wir sind am Schluß.
S'ist höchste Zeit, sonst kriegt mans über,
Wir sagen deshalb: Schwamm darüber!
Protozoen
Halt Halt! Noch gibts die Protozoen.
Doch um zu schildern nur im Rohen
Die weite Welt des Urtiers, müßten
Erneut wir mit Geduld uns rüsten,
Sowie mit einem Mikroskop.
Und es ist ziemlich fraglich, ob
Die beiden Dinge aufzutreiben,
Und ob wer läse, was wir schreiben.
Es streiten um dergleichen Vieh
Botanik sich und Zoologie.
So grenzt das ganze ans Gemüsische
Und schließlich gar ans Metaphysische.
Aufs Feld der Sporozoen, Kokken,
Will ich den Leser gar nicht locken,
Denn uns, die die jetzt schon Ungedulgigen,
Mög gnadenhalber man entschuldigen,
Wenn wir nicht als Mikrobenjäger
Aufspüren all die Geißelträger.
Unübersehbar sind die Truppen,
Die, aufgeteilt in viele Gruppen,
Im sauren Wasser wie im süßen
Marschieren, meist auf falschen Füßen.
In Luft und Erde, jedem Kolke,
Ja schon in jeder Staubeswolke,
Treibt sich, und oft zu unserm Schaden
Ein Schwarm herum von Myriaden.¹)
¹) Verse aus Eugen Roth, Tierleben, Carl Hanser Verlag, München 1948