Insektenfresser und Nagetiere
Insektenfresser und Nagetiere
Gar reiche Auswahl hat auf Lager
Natur auf dem Gebiet der Nager.
Fast jeder nennt zuerst die Maus,
Doch nur der Fachmann kennt sich aus
Und trennt mit einem scharfen Messer
Den Nager vom Insektenfresser
(Zum Beispiel Spitzmaus, Maulwurf, Igel,
Sowie das Fledermaus-Geflügel).
Zwar in der Sippe finden wir,
Kein großes Vieh, kein hohes Tier;
Im Grund hats keiner weit gebracht,
Doch seht nur, was die Masse macht!
Fand das Karnickel einen Platz,
Gleich drängt sich hinterher der Ratz,
Und schon gibts von den miesen Rassen
In jedem Weltteil Riesenmassen.
Der Elefant stirbt langsam aus,
Die Welt beherrscht demnächst die Maus.
Handflügler
Der Flughund und die Fledermaus,
Sie schaun wie Regenschirme aus,
Wenn der Vergleich auch etwas hinkt,
Die Fledermaus, hängt, eingeklinkt
Tagsüber dicht in ihren Häuten,
Doch kaum, daß wir zur Vesper läuten,
Klinkt sie sich aus, fängt sich im Sturz,
Und flattert, wenn auch wirr und kurz.
Hört, was die ernste Forschung spricht:
Moralisch sind die Tiere nicht,
Weil wahllos sie ein Weib begatten,
Von dem schon andre etwas hatten.
Leutselig ists, ein liebes Ding,
Die Nuß beißts wie den Schwammerling,
Mühselig sucht es seine Nahrung,
Erfreut durch üppige Behaarung.
Ganz anders urteilt in dem Punkt,
Wenn Ihr ihn fragt, der Forstadjunkt,
Ders wegen seinem Waldgefrevel,
Ausrotten möcht mit Pech und Schwefel.
Der Hase ist ein braves Tier,
Des Feldes und des Waldes Zier.
Der Has sein Leben gern genösse,
Wenn man nicht immer auf ihn schösse.
Zum Glück sind es nicht lauter Treffer,
Doch wenn, legt man ihn gern in Pfeffer.
Das Stachelschwein, lateinisch Hystrix,
Macht manchmal ein Geräusch, ein flüstrigs.
Es ist vergeßlich, boshaft, dumm,
Grunzt manchmal laut, doch meistens stumm.
Der Biber selber, (castor fiber),
Denkt sich: "Je freier, desto lieber!"
Baut seine Burgen sich und Villen
Nicht grade stilvoll, doch im Stillen,
Und er entzieht sich mit Geschick
Dem Landbauamt und der Kritik.
Der Biber kommt fast nur noch vor
In Kanada und Labrador,
Sibirien, kurz, wos halbpolar,
Bei uns er einmal häufig war.
Doch wenn man, statt das Tier zu schützen,
Es nur mißbraucht zu Muff und Mützen,
Dann ists begreiflich, daß derselbe
Nicht mehr an Oder lebt und Elbe.
Warum beim Rufe "Eine Maus!"
Bei Fraun bricht eine Panik aus,
Wogegen Männer kaum sich rühren -
Das müßt so wer wie Freud erspüren.
Die Landmaus frißt oft, wie wir lernten,
Schon auf dem Feld die halben Ernten,
Die andre Hälfte in den Scheuern
Und hilft so mit, das Korn verteuern.
Was aber soll in unsern Tagen
Man erst zur bösen Wühlmaus sagen?
Kann man der Zukunft Bäume pflanzen,
Solang sie an den Wurzeln schanzen?
Kann man des Chaos Wogen hemmen,
Solang sie nagen an den Dämmen?
Ist nicht der Boden so schon steinig,
Die Wühlmaus - drüber sind wir einig,
Ist leider durch und durch verderbt,
Darüber nur, wie sie gefärbt,
Sind die Gelehrten, je nach Zeit,
Und Umstand fürchterlich entzweit:
Der eine siehts mit finsterm Staunen,
Wie man gewähren läßt die braunen.
Der zweite warnt besonders herzlich
Vor jeder Wühlmaus, welche schwärzlich.
Ein dritter haßt sie, wenn sie röter.
Dies rät ein alter Wühlmaustöter:
Man lasse sie ein bißchen Wühlen,
Bis sie sich leidlich sicher fühlen.
Dann aber packt man sie und haut se
Mit ihrer allzufrechen Schnauze
Aufs harte Pflaster des Prinzips:
Hin sind sie ohne einen Pips.¹)
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¹) Verse aus Eugen Roth, Tierleben, Carl Hanser Verlag, München 1948