Landkarte des Piri Reis: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Karte von Piri Reis
 
Die Karte von Piri Reis
  
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Die älteste Karte, auf der die Ostküste des gerade von Christoph Kolumbus entdeckten Amerika zu sehen sind, stammt aus dem Jahre 1502. Sie ist auf einem Stück Tierhaut von dem Genuesen Alberto Cantino handgezeichnet und befindet sich in der „Biblioteca Estense“ von Modena. Das Gebiet inmitten des Atlantiks, bezeichnet als „Land des Königs von Portugal“ ist in Wahrheit die erste Darstellung der Insel Neufundland und Labradors.
 
Die älteste Karte, auf der die Ostküste des gerade von Christoph Kolumbus entdeckten Amerika zu sehen sind, stammt aus dem Jahre 1502. Sie ist auf einem Stück Tierhaut von dem Genuesen Alberto Cantino handgezeichnet und befindet sich in der „Biblioteca Estense“ von Modena. Das Gebiet inmitten des Atlantiks, bezeichnet als „Land des Königs von Portugal“ ist in Wahrheit die erste Darstellung der Insel Neufundland und Labradors.

Version vom 10. Dezember 2006, 23:21 Uhr

Die Karte von Piri Reis

Die Original Piri Reis - Karte im Topkapi Museum, Istanbul

Die älteste Karte, auf der die Ostküste des gerade von Christoph Kolumbus entdeckten Amerika zu sehen sind, stammt aus dem Jahre 1502. Sie ist auf einem Stück Tierhaut von dem Genuesen Alberto Cantino handgezeichnet und befindet sich in der „Biblioteca Estense“ von Modena. Das Gebiet inmitten des Atlantiks, bezeichnet als „Land des Königs von Portugal“ ist in Wahrheit die erste Darstellung der Insel Neufundland und Labradors. Eine fast gleichzeitig entstandene Karte (ca. 1505) ist jene des ebenfalls aus Genua stammenden Nicolò Caveri. Sie gleicht im Wesentlichen der Karte Cantinos, beinhaltet aber weitere Details an der Küste Südamerikas, die dem aktuellen Stand der Erkenntnis nach der Rückkehr Amerigo Vespuccis und Fernando de Noronhas entsprechen. Diese Karten waren für die Seefahrer und Kaufleute der Epoche von größter Bedeutung.

Piri Reis Karte auf Türkei, P-214, 10 Mio. Türk Lirasi, 1999

Über eine andere Karte jedoch wurden wahrhaftig Ströme von Tinte und Druckerschwärze verbraucht, und es gibt über dieselbe in der Tat die unglaublichsten Theorien:

Es handelt sich über die vom Jahre 1513 datierte Karte des türkischen Admirals Piri Ibn Hadschi Mehmed, besser bekannt unter der Namen Piri Reis („Admiral Piri“). Sie ist auf Gazellenhaut mit Wasserfarbe gemalt, und oft wird behauptet, daß kein Mensch der damaligen Epoche eine solche Karte hätte zeichnen können. Was also ist Besonderes an dieser Karte im Vergleich zu denen von beispielsweise Cantino oder Caveri? Viele Wissenschaftler glauben, daß die Karte die Welt in einer Genauigkeit und Form darstellt, die nach dem aktuellen Wissensstand der Epoche unmöglich sind. Amerika und die Antarktis, so heißt es, seien nicht nur mit größter Präzision in die richtige Position projiziert, sondern, - und das erschient noch sensationeller -, das südliche Südamerika scheint den antarktischen Kontinent zu berühren, so, als wäre letzterer frei von Eis (und so, wie wir ihn erst dank Satellitenaufnahmen seit dem Jahre 1957 kennen und daher „eisfrei extrapolieren“ können).

Nach Erich von Däniken hätte man eine solche Karte nur mithilfe von Aufnahmen aus großer Höhe zeichnen können, z.B. von einem sehr hoch fliegenden Flugzeug oder einem Satelliten aus. Die Karte, die jahrhundertelang verschollen war, wurde erst 1929 im Zuge von Renovierungsarbeiten im Topkapi-Museum von Istanbul wiedergefunden, wo sie sich auch noch heute befindet. Nach ihrer Entdeckung geriet sie wieder für ein paar Jahrzehnte in Vergessenheit, bis schließlich einige Gelehrte, darunter Charles H. Hapgood und Richard Strachan, eine gewagte Theorie aufstellten: Wer immer diese Karte erstellt hat, mußte die Erde aus ungefähr 10.000 Meter Höhe gesehen haben!

Das erschien in der Tat logisch, wenn man die vielfach frappierende Genauigkeit in hydro- wie orographischer Hinsicht betrachtet. Das Fragment, das wir kennen ist wie die meisten Seekarten der Epoche in der Mitte des Atlantischen Ozeans zentriert und zeigt im Westen recht genau die Küsten der beiden Amerikas und die Westeuropas und Westafrikas im Osten. Im südlichen Teil befindet sich eine sehr unregelmäßige Küstenlinie, die mit Südamerika verschmolzen ist, und man denkt dabei im ersten Moment unweigerlich an die Antarktis. Einige Elemente sind durchaus sehr korrekt dargestellt: So in etwa der Río de la Plata, der bis dato noch nicht sehr genau kartographiert worden war. Andere hingegen erschienen auf den ersten Blick als ziemlich falsch. So gibt es z.B. den Amazonas zweimal (möglicherweise ist der nördliche Fluß der Río Orinoco), und ein Großteil der Inseln in der Karibik ist überdimensioniert oder falsch positioniert. Hispaniola (auf der sich heute die Staaten Haiti und die Dominikanische Republik befinden), wird mit Cuba verwechselt und ist Nord-Süd ausgerichtet, statt wie in Wirklichkeit Ost-West. Erstaunlich ist weiter die Tatsache, wie es Admiral Piri gelang, eine so komplexe Karte ohne die Hilfe von Koordinaten, sondern lediglich aufgrund der Ausrichtung der Kompaßrose und den von Seeleuten gemessenen Distanzen zu erstellen. Unter diesem Aspekt ruft die intellektuelle und technische Leistung des Admirals zu Recht große Bewunderung hervor.

Was aber sind nun diese auf der Karte dargestellten Südländer? Wie konnte ein, - wenn auch sehr tüchtiger -, Admiral der Renaissance einen Kontinent zeichnen, der überhaupt noch nicht bekannt war, sondern erst 300 Jahre später entdeckt werden sollte? Einen Kontinent, der seit Zehntausenden von Jahren von einer Eisschicht bedeckt war?

Betrachten wir die Karte noch einmal:

Der Autor hat die Karte mit zahlreichen Vermerken versehen. Unter anderem erwähnt er auch die Quellen: zwanzig Karten aus alter Zeit und acht Weltkarten. Sicher verarbeitete er auch das Wissen der meist portugiesischen Entdecker. Gerade diese zitiert er immer wieder in seinen Kommentaren am Rande. Sehr wirklichkeitsgetreu erscheint vor allem die Ostküste Brasiliens (wenn man davon absieht, daß es den Amazonas zweimal gibt). An einer der beiden Mündungen erkennt man die Insel Marajó, die von Vincente Pinzón im März 1500 entdeckt worden ist (möglicherweise hat auch Amerigo Vespucci sie bereits 1499 besucht). Andere Gebiete, wie etwa die Karibik, weisen jedoch große Ungenauigkeiten auf. In einem der Randnotizen schreibt Piri, daß er sich auch der Karten Kolumbus’ bedient hatte, und das erklärt die unrichtige Darstellung der Karibik. Auffällig ist eine große Insel, die sich in Nord-Süd-Richtung erstreckt, und die, dreht man die Karte um 90° gegen den Uhrzeigersinn, Cuba entsprechen müßte.

Was wir aber sehen, ist nichts anderes als die Küste Ostasiens, so wie die damals auf den zeitgenössischen Karten dargestellt wurde, und wie sie auch Kolumbus an Bord hatte. Die große Insel, die wir auf den ersten Blick als „Cuba“ zu erkennen glauben, ist nichts anderes als Japan (Cipango), wie es auf der Karte von Martin Behaim im Jahre 1492 aufscheint. In dieser Zeit glaubt man, daß Ostasien weit kleiner sei, als wir heute wissen. Asien vermutete man ja auf der gegenüberliegenden Seite des Atlantiks, nicht weit entfernt von den Azoren und der legendären Insel „San Brandano“ (die es gar nicht gibt und die nur in religiösen Texten über diesen Heiligen erwähnt wird, bezeichnenderweise aber auf der Reis-Karte aufscheint). In der Tat schreibt Reis: „Die Ortsbezeichnungen und Positionen für die bisher unbekannten Gebiete sind von Kolumbus übernommen.“

Kolumbus und seine Zeitgenossen glaubten, daß Cipango eine annähernd rechteckige Form habe und sich in Nord-Süd-Richtung erstrecke. Auf den meisten Karten des 16. Jh. stellen sie es auch so dar.

Als Kolumbus die Insel Hispaniola auf seiner ersten Reise entdeckte, glaubte er in der Tat, Japan erreicht zu haben, und daher positionierte Piri Reis diese Insel inmitten der Karibik. In seinen vier Reisen kam Kolumbus nicht weiter als bis Venezuela, die Reis-Karte zeigt aber viel mehr von Südamerika. Das ist nicht verwunderlich, dann zur Zeit des Admirals war der Halbkontinent ja schon recht gut erforscht worden, - zuerst von Amerigo Vespucci und in der Folge von anderen Seefahrern, wie Vincente Pinzón und Pinot Paulmier de Gonneville.

Vespucci führte zwei Reisen nach Südamerika durch. Die erste 1499, die zweite 1502, auf der er den 50. Breitenparallel erreichte (also der Magellanstraße und Feuerland schon sehr nahe kam). Pinzón, der Kapitän der „Niña“ aus Kolumbus’ Flotille, erforschte zwischen 1500 und 1508 die Küste Brasiliens bis zum 41. Breitengrad, während de Gonneville zwischen 1503 und 1505 noch weiter nach Süden gelangte. Vespucci war der erste, der sich bewußt war, nicht in Asien, sondern in einem neuen Kontinent zu sein. Der Glaube aber, daß Amerika nichts anderes als ein Teil Asiens sei, hielt sich dennoch etliche Jahre aufrecht. So ist es klar, daß die Reis-Karte, die ja aus Karten der verschiedensten Epochen erstellt worden ist, die neu entdeckten Länder recht ungenau zeigt. Sogar ältere Karten als die des Admirals sind in manchen Details exakter, etwa die von Juan de la Cosa (1500) oder Cantino (1502). Letztere beiden zeigen Cuba, Jamaika und Puerto Rico bereits viel exakter positioniert. Erst 1528 sollte Piri Reis eine neue Karte zeichnen, in der er diese Fahler dann korrigierte.

Das einzige Gebiet, wofür Piri Reis wohl sehr gutes Material zur Verfügung hatte, ist die Küste Brasiliens. Sehr wahrscheinlich war er im Besitz einer portugiesischen Seekarte, die damals diesen ihnen zugeteilten Teil der Welt erforschten.

Antaktis oder Patagonien?

Was an der Piri-Reis-Karte jedoch am meisten verblüfft, ist die Darstellung eines Gebietes, das man für die Antarktis halten könnte. Man glaubt, die Küste des Prinzessin-Martha-Lands, des Königin-Maud-Lands und anderer Territorien zu erkennen, die freilich erst viel später entdeckt worden sind.

Brasilien ist mit dieser „Antarktis“ praktisch verbunden. Warum aber versucht niemand zu erklären:

Wo sind die 4.000 Kilometer geblieben, die zwischen diesen beiden Gebieten leiegen? Wo sind die 2.000 km geblieben, die Brasilien von Feuerland trennen? Wo ist Argentinien und Patagonien?

Wenn wir uns das fragen, stellen wir fest, daß die Übereinstimmung der Karte mit der heute bekannten Wirklichkeit nur eine scheinbare ist.

Betrachten wir nun noch einmal dieses Gebiet im Süden: Auch ein weniger geübter Kartenleser wird nun feststellen, daß dieser Südkontinent mehr oder weniger genau den Süden Südamerikas, so wie man ihn damals kannte, darstellt. Das Gebiet ist deformiert und nach rechts gebogen, sehr wahrscheinlich aufgrund Platzmangels auf dem Pergament. Weiter darf nicht vergessen werden, daß die Karten der Epoche auch zu politischen Zwecken dienen mußten: Ein Gebiet entweder diesseits oder jenseits des Meridians zu placieren, den man „La Raya“ nannte und der die Grenze des Einflußbereichs der Spanier und Portugiesen markierte, konnte zu erheblichen „Landgewinnen“ führen. Und Piri Reis schreibt ja, daß er sich stark auf portugiesische Karten stützte. Für die Portugiesen war es selbstverständlich günstig, möglichst viel Land südlich von Brasilien nach rechts zu versetzen, also gegen Afrika hin, womit es innerhalb des 180°-Bereichs lag, der Portugal im Vertrag von Tordesillas 1494 zugesprochen worden war.

Versuchen wir nun, die Orte auf der Karte Piri Reis’ zu identifizieren. Hierzu drehen wir seine Karte um 90° im Uhrzeigersinn. Und schon erkennt man, obschon etwas mißglückt, doch recht gut den Golf von San Matías und die Halbinsel Valdéz, die bereits von Vespucci entdeckt worden waren. Geht man weiter, sieht man die Spitze Feuerlands und die Einfahrt zur Magellanstraße mit ihrem charakteristischen Golf. Wenn wir ganz genau hinsehen, erkennen wir da, wo viele die Antarktis vermuten wollen, eine kleine Schlange, und dazu schreibt Reis: „Dieses Land ist unbewohnt. Alles ist öde, und es wird berichtet, daß hier große Schlangen leben. Aus diesem Grunde sind die ungläubigen Portugiesen hier nicht an Land gegangen. Weiter berichten sie, daß es dort sehr heiß sei“. (Eine Beschreibung, die auf die Antarktis wohl nicht besonders zutrifft).

Waldseemueller Karte auf Kolumbien, P-0437a, 10.000 Pesos Oro, 1992

Am unteren Rand der Piri-Reis-Karte erscheint eine Inselgruppe mit einer Insel, die größer ist als die übrigen. Es könnte sich um eine nicht allzu genaue Darstellung der Malwinen (Falkland-Inseln) handeln – und das erscheint merkwürdig, denn diese Inselgruppe wurde „offiziell“ erst 1592 entdeckt. Allerdings sieht man einen solche Archipel etwa auf dem 50. Breitengrad auch in der Karte von Waldseemüller (1507). Es ist daher sehr gut möglich, daß die Malwinen bereits viel früher gesichtet und erwähnt worden sind (möglicherweise gar von Vespucci und Paulmier de Gonneville).

Nach der letzten Reise Vespuccis wurden die Versuche, die südamerikanische Passage nach Asien zu finden, immer zahlreicher. Es sollte erst 1520 offiziell gelingen, als Magellan erkannte, daß er sich nicht in einer Bucht befand, sondern tatsächlich in einer Meeresstraße. Allerdings ist es nicht ganz auszuschließen, daß nicht schon eine frühere Expedition den 54. Breitegrad und somit die Magellanstraße erreicht und vielleicht sogar durchfahren hat. Das karge Gebiet südlich der Magellanstraße hielt man anfangs für die Nordspitze jenes Kontinents, von dem man gemäß der ptolemäischen Tradition annahm, er müsse existieren, um auf der Erde das Gleichgewicht der Erdmassen zwischen Nord und Süd zu gewährleisten. Zumeist wurde dieser „theoretische“ Kontinent mit „Terra Australis Incognita“ bezeichnet.

Kap Horn, die wirkliche Südspitze Südamerikas, meist unwirtlich und von schrecklichen Stürmen gepeitscht, wurde erst 1615 umfahren. Hier spielten weniger Entdeckerlust, sondern wirtschaftliche Interessen eine Rolle. Die beiden Holländer Cornelius Shouten und Jacob Lemaire wollten Indonesien unter Vermeidung der bereits bekannten Schiffahrtsrouten erreichen (also die Magellanstraße und das Kap der Guten Hoffnung), denn das Befahren derselben wäre ihnen auch gar nicht gestattet gewesen.

Die Wahrheit über die Piri-Reis Karte ist also viel einfacher als alles, was uns die phanta-archäologischen Bestseller-Autoren wollen glauben machen.