Europa: Jugoslawien: Unterschied zwischen den Versionen
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− | * Die Unterschrift auf den Scheinen verweist auf das Jahr 1978-80. | + | * Die Unterschrift auf den Scheinen verweist auf das Jahr 1978-80. Fantasienoten hätten die spätere Unterschrift von Mitjan Gaspari und/oder Dushan Vlatkovitsch gezeigt. |
* Dieser Zeitraum fällt mit Titos Erkrankung im Januar 1980 und seinem Tod am 4. Mai 1980 zusammen, als man eine Destabilisierung des Landes befürchten musste (die dann auch eingetreten ist!). | * Dieser Zeitraum fällt mit Titos Erkrankung im Januar 1980 und seinem Tod am 4. Mai 1980 zusammen, als man eine Destabilisierung des Landes befürchten musste (die dann auch eingetreten ist!). | ||
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− | Sollte man massenhaft 100.000er nachdrucken, um den Bedarf zu decken? Eine so große Menge an Bargeld zu produzieren - dies war innerhalb der kurzen Zeit nicht | + | Sollte man massenhaft 100.000er nachdrucken, um den Bedarf zu decken? Eine so große Menge an Bargeld zu produzieren - dies war innerhalb der kurzen Zeit kaum möglich. |
+ | Sollte man hohe Werte ausgeben, um den 100.000er zu entlasten? Das Entwickeln einer neuen, hohen Wertstufe vom ersten Entwurf bis zum fertigen Produkt ist stets zeitaufwändig und war somit kurzfristig ebenfalls nicht zu bewerkstelligen; der entsprechende Schein zu 1 Million Dinar konnte erst im November fertiggestellt werden. | ||
− | + | Doch genau für diese Zwecke - plötzliche Einführung neuer Geldscheine - wurden Reservebanknoten überall in Europa entwickelt! Man konnte also auf die Reserveklischees zurückgreifen. Lediglich das Portrait des verhassten Diktators wurde ersetzt. An die Stelle Titos trat das Partisanendenkmals "Kozara". | |
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Version vom 10. Oktober 2023, 07:21 Uhr
Inhaltsverzeichnis
"Kominform"-Ausgaben
Beginnende Inflation Mitte der 80er Jahre
Eines Tges wurde mit dem Gedanken gespielt, den jugoslawischen Dinar zu überarbeiten. Es heißt, es habe Entwürfe gegeben für die Wertstufen 20, 50, 100, 500, 1000, 2000 und 5000 Dinar. Die 20er, 50er und 100er hätten das Motiv weiter behalten, Arbeiter und Bäuerin seien vom 5er und 10er auf den 1000er und 2000er gewandert und ein 5000er mit dem Staatspräsidenten Titos sei oben draufgekommen. Tatsächlich bekanntsind Entwürfe für einen 2000er "Bergarbeiter" und einen 5000er "Tito", die dann auch für den 20.000er (!) und 5000er verwendet werden sollten.
Da diese Entwurfsserie den 5000er vorwegnahm, ist sie mindestens vor 1985 zu datieren. Folgt man den Gerüchten, dass die Wertstufen 20, 50, 100, 500 und 1000 auch angedacht waren, sind sie etwa in den Jahren 1976/77 entstanden, als der 10 Dinar-Schein vorübergehend durch eine Münze ersetzt wurde. Das Motiv der Bäuerin (der 5 Dinar-Schein war seit Jahre nicht mehr im Umlauf) war ja bereits auf dem 1000er zu sehen.
Tito-Noten ca. 1990
Anfang der 90er Jahre tauchten auf dem Sammlermarkt plötzlich 100- und 1000-Dinar-Scheine mit dem Portrait von Josip Broz Tito auf. Tito war Anführer der kommunistischen Partisanen im 2. Weltkrieg und später Diktator von Jugoslawien - L'etat c'était lui, der Staat war er. Und tatsächlich: Solange er lebte, gab es den Staat, als er starb, löste er sich auf. Von diesen Von den Tito-Noten wurden später weitere Nominalwerte zu 1, 5, 10, 50, 100, 500, 1000 und 5000 Dinar bekannt. Handelt es sich um Fantasiescheine?
Vieles spricht dafür, dass es sich hier um eine geplante aber nicht mehr fertiggestellte Banknotenersatzserie handelt, wie sie von vielen Staaten in Europa inzwischen bekannt sind. Die Vermutung, dass es sich zumindest in diesem Stadium um Reservescheine, nicht um private Fantasieausgaben aus den 90ern handelt, wird durch folgende Tatsachen plausibel:
- Die Unterschrift auf den Scheinen verweist auf das Jahr 1978-80. Fantasienoten hätten die spätere Unterschrift von Mitjan Gaspari und/oder Dushan Vlatkovitsch gezeigt.
- Dieser Zeitraum fällt mit Titos Erkrankung im Januar 1980 und seinem Tod am 4. Mai 1980 zusammen, als man eine Destabilisierung des Landes befürchten musste (die dann auch eingetreten ist!).
- Es sind Andruckproben aller 8 Wertstufen bekannt (von Fantasiescheinen ist dies i.d.R nicht bekannt) .
- Das Klischee wurde in leicht veränderter Form 1989 eingesetzt, war also bereits zum damaligen Zeitpunkt akut vorhanden.
- Die Tatsache, dass es bereits fertige Probedrucke des 1000ers gab (siehe Bild) zeigt, dass die Vorbereitung sehr weit fortgeschritten war und kurz vor der Realisierung stand, wenn nicht sogar fertige Scheine bereits existierten.
- Jugoslawische Fantasiebanknoten kamen erst in den 20000ern auf.
Die Geschichte dieser Scheine dürfte sich so abgespielt haben:
Ende der 1980er Jahre begann die Inflation zu galoppieren, der Dinar verlor täglich an Wert. 1989 strömten wie jedes Jahr massenhaft Touristen ins Land und tauschten Devisen gegen jugoslawische Dinar. In den Küstengebieten vor allem in den heute kroatischen Städten wurden massenhaft Devisen in einheimische Dinar umgetauscht. Der Bargeldbedarf stieg sprunghaft an, Massenhaft Geldscheine wurden benötigt. Der höchste Schein, 100.000 Dinar war zu Beginn der Urlaubs Saison nur noch 10 DM wert, das Bargeldaufkommen in Jugoslawien konnte den Bargeldbedarf nicht mehr decken.
Sollte man massenhaft 100.000er nachdrucken, um den Bedarf zu decken? Eine so große Menge an Bargeld zu produzieren - dies war innerhalb der kurzen Zeit kaum möglich. Sollte man hohe Werte ausgeben, um den 100.000er zu entlasten? Das Entwickeln einer neuen, hohen Wertstufe vom ersten Entwurf bis zum fertigen Produkt ist stets zeitaufwändig und war somit kurzfristig ebenfalls nicht zu bewerkstelligen; der entsprechende Schein zu 1 Million Dinar konnte erst im November fertiggestellt werden.
Doch genau für diese Zwecke - plötzliche Einführung neuer Geldscheine - wurden Reservebanknoten überall in Europa entwickelt! Man konnte also auf die Reserveklischees zurückgreifen. Lediglich das Portrait des verhassten Diktators wurde ersetzt. An die Stelle Titos trat das Partisanendenkmals "Kozara".
Man entschied sich also für die Einführung höherer Wertstufen. Zunächst folgte ein Schein zu 2.000.000 Dinar (Gegenwert damals knapp 200 DM, 150 DM am Ende der Saison), er ersetzte 20 der roten 100.000er, kurz darauf folgte auch der 500.000er, so dass die große Lücke zwischen den beiden Werten sinnvoll gefüllt war.
Eine Währungsreform (10.000 Dinar wurden 1 neuer Dinar) machte aus den Scheinen einen 50er und einen 200er.
Und da kamen fertiggestellte Scheine mit dem Portrait Titos in den Handel. Wurde die endgültige "Fertigstellung" der Noten erst zu diesem Zeitpunkt erfolgt, um sie an Sammler abzugeben? Wurden Scheine, die bereits fertig produziert waren aber aus den Tresoren gestohlen wurden an Sammler abgegeben, ähnlich einer deutschen Reservenote?
Die Farbgebung dieser ersten beiden Scheine (grün und gelb) unterscheidet sich von der Farbgebung der umlaufenden Serie (rot und grau). Es war also geplant, die Farben auszutauschen. Der umlaufende 50er und der 5000er waren blau, also war für den 50er und 5000er vermutlich rot geplant, die blaue Farbe blieb also nur noch für den 500er. Geht man davon aus, dass traditionell auch 1er und 100er sowie 5er und 500er die gleiche Farbe haben, so ist von folgendem geplanten Farbschema auszugehen:
1 Dinar, 100 Dinar grün
5 Dinar, 500 Dinar blau
10 Dinar, 1000 Dinar gelb
50 Dinar, 5000 Dinar rot.
Inzwischen sind mehrere Serien mit verschiedenen Farbvarianten bekannt. Die erste momochrome Serie, die bekannt wurde und im Buch von Borna Barać beschrieben wurde, war die grüne Serie.
Die komplette rote und blaue Serie
Die Größe der Scheine beträgt 112 x 59 mm (1, 5, 10, 50) bzw. 143 x 75 mm (100, 500, 1000, 5000).
Restjugoslawien um die Jahrtausendwende
Siehe auch
- Phantasieausgaben Jugoslawien
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